Edelmetall-Recycling aus Elektroschrott

Das klassische Mining, also die Edelmetallgewinnung aus primären Quellen, zählt zu den aufwendigsten Verfahren in der Rohstoffverarbeitung. Kein Wunder also, dass das Recycling von Schmuck, alten Münzen oder Barren bei vielen Unternehmen im Fokus liegt. Mehr noch, viele Scheideanstalten wie zum Beispiel C. Hafner, Heimerle Meule oder Heraeus haben sich auf die Rückgewinnung von Gold, Silber und anderen Weißmetallen spezialisiert. Doch die Verarbeitung von klassischem Altgold oder Altsilber ist nicht die einzige sekundäre Quelle.
Aus dem Elektroschrott von alten Smartphones, Computern oder TV-Geräten ist das begehrte Edelmetall ebenfalls zu holen. Meist handelt es sich um eher geringe Goldanteile, die auf den Platinen oder Kontakten der Altelektronik zu finden sind und die Herauslösung ist je nach Verfahren ebenfalls aufwendig. Erschwerend kommt hinzu, dass die Prozesse heutzutage bevorzugt umwelt- und ressourcenschonend ablaufen sollen. Doch angesichts von Spitzenwerten bis zu 62 Millionen Tonnen Elektroschrott in einem Jahr lohnt der Aufwand. Beim sogenannten “Urban Mining” kommen inzwischen verschiedene Verfahren zum Einsatz, welche die Rückgewinnung von Gold und anderen Edelmetallen revolutionieren.
Spezielle Anlagen zur Rückgewinnung von Gold aus Platinen
Tatsächlich gibt es bereits Firmen, die speziell auf die Goldgewinnung aus Elektroschrott ausgerichtet sind. So betreibt die britische Royal Mint die »Precious Metals Recovery Factory«, eine eigene Recyclingfabrik in Süd-Wales, die Gold aus jährlich 4.000 Tonnen an Platinen herauslösen kann. Die goldhaltigen Elemente werden dazu zunächst grob vom übrigen Elektronikschrott separiert. Es folgt ein fortschrittlicher chemischer Prozess, der das Gold binnen weniger Minuten zuverlässig von anderen Materialien trennt. Hierfür sind weder hohe Temperaturen noch giftige Substanzen notwendig. Dadurch gilt das Verfahren als besonders energiesparend und umweltfreundlich.
Neben dem Recycling von Gold lässt sich die innovative Technologie auch für die Rückgewinnung von Silber, Palladium und Kupfer einsetzen. Die Royal Mint will das wiedergewonnene Gold zunächst ausschließlich zur Schmuckherstellung nutzen. Es ist geplant, diese Recyclingsparte später auch auf die Prägung von Goldmünzen auszuweiten.
Forschungsprojekt der ETH Zürich: Goldrückgewinnung mit Käse-Molke
Doch es müssen nicht immer Chemikalien sein, die das begehrte Edelmetall aus dem Elektroschrott herauslösen können. So haben Forschende der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) eine Methode entwickelt, die einen Proteinfaserschwamm aus Molke nutzt. Dabei handelt es sich schlicht um ein Nebenprodukt aus der Käseherstellung. In ihrem Versuch vermengte das Forscherteam Proteinfasern mit Metallteilen aus alten Elektronikleiterplatten. Anschließend erhitzten sie das Gemisch und ließen es ruhen.
Als Resultat lagerten sich Gold-Ionen und andere Metall-Ionen an der Molke an und kristallisierten sich zu Flocken. Diese konnten die ETH-Wissenschaftler schließlich zu einem Goldnugget einschmelzen. Aus etwa 20 Computer-Platinen erhielten sie einen Goldklumpen von 450 Milligramm. Dabei betrug der Goldanteil 91 Prozent oder knapp 22 Karat Gold. Bei den restlichen 9 Prozent handelte es sich um Kupfer.
Goldrecycling mit Zucker
Eine andere wirkungsvolle und umweltfreundliche Methode, um Gold und weitere Edelmetalle aus Elektroschrott herauszulösen, entwickelte ein wissenschaftliches Team der Northwestern University of Evanston im US-Bundesstaat Illinois. Dazu setzten sie eine einfache Zuckerverbindung ein. Alte Leiterplatten wurden zunächst mit Salpeter- und Bromsäure aufgelöst. Anschließend setzten die Forschenden eine Alpha-Cyclodextrin-Verbindung hinzu. Diese konnte sich mit den Goldbestandteilen der Lösung verbinden.
Nach einer Filterung und abschließender Behandlung mit einem Reduktionsmittel erhielten die Wissenschaftler echtes Gold. Laut den Forschenden lassen sich mit dieser Methode rund 78 Prozent des Goldes aus dem Elektroschrott rückgewinnen. Zudem kann die Zuckerverbindung recycelt und immer wieder verwendet werden.
Gold per Graphen-Oxid aus Platinen extrahieren
Einen andere Weg verfolgten chinesische und britische Forscher bereits 2022 in einem gemeinsamen Projekt. Sie setzten Graphenoxid ein, um Gold mit hoher Effizienz aus dem Elektronikschrott zu gewinnen. Dazu gaben sie Graphen (wabenförmige Schichten aus Kohlenstoffatomen) in eine Lösung, die geringe Spuren von Gold enthielt. Bereits nach wenigen Minuten lagerte sich reines Gold auf den Graphenblättern ab, ohne dass weitere Chemikalien oder Energie eingesetzt werden musste.
Bei ihrem Versuch ermittelten die Wissenschaftler, dass ein Gramm Graphen ausreicht, um annähernd zwei Gramm Gold zu gewinnen. Darüber hinaus ermöglicht das Verfahren, Gold präzise zu extrahieren, ohne dass andere Metall-Ionen oder Salze mitgewonnen werden. Da ein handelsübliches Graphenoxid eingesetzt wurde, stellt diese Methode eine kostengünstige Möglichkeit dar, Gold aus Elektroabfällen zu gewinnen.
Warum befindet sich so viel Gold auf Platinen?
Gold gilt als hervorragender elektrischer Leiter in elektronischen Produkten wie Computer, Smartphones oder Kameras. Es befindet sich meist auf der Leiterplattenoberfläche sowie bei Steckerkontakten. Im Vergleich mit anderen Materialien eignet sich Gold aufgrund seiner Frequenzneutralität nicht nur gut für elektrische Verbindungen, es besitzt dazu auch besonders langlebige Eigenschaften. Es korrodiert nicht, wie zum Beispiel Kupfer, das mit der Zeit seine Leitfähigkeit verliert. Anders als Silber können goldbeschichtete Kontakte auch nicht anlaufen, was die Signalübertragung beeinträchtigen würde.
Aus einer Tonne Elektroschrott können bis zu 400 Gramm Gold gewonnen werden. Die höchsten Goldkonzentrationen befinden sich auf Computerchips, Platinen und in Mobiltelefonen. Tendenziell können ältere Gerätegenerationen mehr Gold enthalten als modernere Produkte, da in der Vergangenheit mehr des wertdichten Edelmetalls verwendet wurde als in der Neuzeit. Das hat nicht zuletzt auch mit dem Goldpreis zu tun, der sich in nur fünf Jahren verdoppelt hat.
Fazit: Die Rückgewinnung von Gold aus Elektroschrott im Fokus
Gold gehört zu den begehrtesten Rohstoffen. Da die Gewinnung neuen Edelmetalls aus der Erdkruste aufwendig ist und die Umwelt stark belastet, steht ein ressourcen- und umweltschonendes Goldrecycling mehr und mehr im Fokus. Während die Wiederaufbereitung aus Goldschmuck und aus alten Goldmünzen oder Goldbarren bereits etabliert ist, konzentrieren sich die Unternehmen nunmehr auf die Rückgewinnung von Gold aus Elektroschrott. Um diesen Prozess möglichst effizient und kostengünstig zu gestalten, liefert die Wissenschaft derzeit spannende Lösungen.